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Russlands Trennung vom Internet könnte unwiderruflich sein

Finanzen.net-Logo Finanzen.net 13.04.2022

Russland und das Internet: Vom Rauswerfen und Rausgeworfen werden

Die Narrative über den Ukraine-Krieg sind in der westlichen Welt und in Russland vollkommen unterschiedlich. Während die russische Propaganda den Angriff auf die Ukraine als Sonderoperation für eine notwendige Entnazifizierung und Entmilitarisierung des Landes verkauft, sehen vor allem die EU und die USA den Überfall auf die Ukraine als Angriffskrieg und Invasion. Damit das russische Volk nicht gegensätzliche Informationen aus der Freien Welt erhält und sich somit wohlmöglich mehrheitlich gegen den Militäreinsatz stellen könnte, setzt der Kreml alles daran die Bürgerinnen und Bürger vor äußeren Einflüssen abzuschotten. Berichterstattende, die die "Sonderoperation" als Krieg titulieren oder andere, von der russischen Propaganda abweichende Meldungen verbreiten, werden angezeigt und wegen der Streuung von Falschinformationen zur Rechenschaft gezogen. Meta, die Inhabergesellschaft von Facebook, Instagram und WhatsApp, wurde in Russland als extremistische Organisation eingestuft und die sozialen Netzwerke des Unternehmens daraufhin gesperrt. Gegen den Nachrichtendienst Twitter wird ebenfalls mit technischen Einschränkungen im großen Maße vorgegangen, um dessen Aktivität so gut es geht zu mindern. Medien wie BBC oder die Deutsche Welle wurden gleichermaßen blockiert und auch Wikipedia soll einer Zensur unterlegt werden. Die russische Regierung möchte damit andere Meinungen so leise wie möglich werden lassen.

Doch nicht nur Russland trennt sich von vielen Services und wirft die Anbieter aus dem eigenen Land raus. Auch es selbst wird von vielen Akteuren boykottiert und rausgeworfen. Viele namhafte Unternehmen wie Apple, Microsoft und Netflix haben sich laut heise online freiwillig vom russischen Markt zurückgezogen. Die russischen Staatssender RT und Sputnik sollen darüber hinaus aus der Europäischen Union verbannt werden, da die EU deren Verbreitung von Propaganda unterbinden möchte. Dabei sei nicht nur geplant die jeweiligen Websites zu sperren, sondern auch sämtliche Beiträge aus Suchmaschinen und sozialen Netzwerken zu tilgen. Die Ukraine forderte jüngst sogar alle Websites mit der Endung .ru im Internet zu sperren. Russland trennt sich somit ebenso stark vom Westen, wie der Westen von Russland.

Die Abschottung vor äußeren Einflüssen


Video: Russlands Verbündete: Sie unterstützen Putin im Ukraine Krieg (glomex)

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Die Trennung und Abschottung Russlands vom Internet sowie den westlichen Einflüssen begann aber nicht erst seit dem Ukraine-Krieg. Bereits im April 2019 verabschiedete die Duma das "Gesetz zur Schaffung eines souveränen Internets" und führte ein technisches Kontrollgremium ein. Dieses verlangte laut der Wochenzeitung "der Freitag", dass russische Angebote im Internet über russische Server fließen müssen. Als Grund für das Vorgehen wurde die nationale Souveränität sowie der Schutz vor Cyberangriffen genannt. Die Abkapselung könnte allerdings auch eine Vorbereitung auf ein nationales Intranet, das sogenannte RuNet, sein, welches Nutzerinnen und Nutzer vom Internet außerhalb der Landesgrenzen trennt. Einen solchen Schutzwall vor externen Einflüssen kennt man schon aus dem Iran oder China. heise online zufolge habe der Iran zwischen seinen wichtigsten Online-Institutionen interne Verbindungen aufgebaut, die eine Art funktionierendes Internet sicherstellen, selbst wenn das Land von außen aus dem Netz geworfen würde. Auch China hat sich selbst mit einer "Great Firewall" gegen die Außenwelt geschützt. Eigene Internetdienste wie beispielsweise TikTok kommen zwar ungehindert in die Haushalte des Westens, andersrum ist dies für Facebook, Twitter oder Instagram nicht möglich. Eine gute Strategie das weltumspannende Internet zum eigene Vorteil zu nutzen und unliebsame Meinungen draußen zu halten. Russland könnte sich nun nach dem Bruch mit dem Westen ein Beispiel an China nehmen und ebenfalls eine derartige Abschottung anstreben, um so unerwünschte Berichterstattungen über Präsident Putin und dessen Politik einfach auszuschließen.

Das Ende des Internets, wie wir es kennen

Ein erhebliches Zerwürfnis auf der Ebene des Internets könnte allerdings Folgen für die gesamte Weltgemeinschaft haben. Nicht nur, dass viele Dienste aufgrund des weitverzweigten Netzes aufeinander aufbauen, das Zersplittern des ohnehin schon fragilen Gebildes des Internets könnte zu kleinen nationalen oder regionalen Netzen führen und das Ende des heutigen globalen Internets bedeuten. Sollten sich Staaten wie Russland, aber auch China, aufgrund von internationalen Konflikten zur vollkommenen technischen und politischen Trennung vom Rest entschließen, könnte das Internet auseinanderfallen und nur schwer wieder zusammengebracht werden. Wie heise online berichtet, könnte im Falle einer technischen Spaltung durch die Nutzung inkompatibler Protokolle in kürzester Zeit keine Überbrückung durch Experten stattfinden. Noch verheerender sei allerdings eine politische Trennung, bei der die Staaten konkurrierende Gremien für die eigene Verwaltung der IP-Adressen und DNS schaffen. Eine derartig aufgeteilte Infrastruktur würde nur schwer wieder zusammenzubringen sein, da technische Probleme erfahrungsgemäß einfacher gelöst werden können, als politische Interessenkonflikte. Eine Politik der Wiedervereinigung sei nach Einschätzung von heise online und Milton Mueller von der School of Public Policy am Georgia Institute of Technology bei einem zerbrochenen Internet nahezu unmöglich.

Nicolas Flohr / Redaktion finanzen.net

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