Sie verwenden eine veraltete Browserversion. Bitte verwenden Sie eine unterstütze Versiondamit Sie MSN optimal nutzen können.

Erdogan macht Ernst: Massenverhaftungen in der Türkei vor der Wahl

FR-Logo FR 25.04.2023 Erkan Pehlivan

Türkei-Wahl 2023

Erdogan macht Ernst: Massenverhaftungen in der Türkei vor der Wahl

Video wiedergeben

Kurz vor der Türkei-Wahl werden über 100 Kurden festgenommen - unter ihnen Politiker, Journalisten und Anwälte. Kritiker reagieren empört.

Diyarbakir - 19 Tagen vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei hat es in den Morgenstunden zahlreiche Festnahmen von Kurden gegeben. Über 100 Personen wurden dabei von Polizeikräften aus ihren Häusern gebracht und mitgenommen. Unter den Betroffenen befinden sich unter anderem Journalisten, Rechtsanwälte und Politiker. Die Razzien gegen die Kurden fanden in 19 Provinzen statt.

HDP wirft Erdogan vor Türkei-Wahl Putsch, Drohung und Erpressung vor

„Die Regierung, die seit 2015 versucht, ihr Leben mit politischen Putschen, Massakern, schwarzer Propaganda, speziellen Kriegsmethoden, Drohungen, Erpressung und allen Arten von Angriffen zu verlängern, hat mit dem Verhaftungswahn heute Morgen einen neuen Putschprozess gegen die Wahlen vom 14. Mai begonnen“, teilt die pro-kurdische HDP in einer Stellungnahme mit. „Diese Operation ist eine Operation, um die Wahlurnen und den Willen des Volkes zu stehlen“. Die Aktionen der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan stellten eine offene Einschüchterung und Bedrohung für die Gesellschaft und ihren politischen Willen dar.

Auch die Rechtsanwaltskammer von Diyarbakir zeigte sich von den Verhaftungen kurz vor der Wahl in der Türkei empört. „Die Grundrechte der Menschen werden in höchst willkürlicher Weise beeinträchtigt“, schreibt die Juristenvereinigung auf Twitter. Ihre Kollegen und Nichtregierungsorganisationen würden von der Justiz angegriffen und Drohungen ausgesetzt. Die Maßnahmen gegen die Betroffenen seien ungerechtfertigt und unnötig. Über die Ermittlungen wurde Geheimhaltung verhängt. „Ein faires Verfahren setzt voraus, dass die Angeklagten so schnell wie möglich über die Art und die Gründe der gegen sie erhobenen Anklage informiert werden“. Verteidiger hätten keinen Zugang zu den Ermittlungsakten und dürften auch die Verhafteten nicht besuchen.

Verhaftung der HDP-Politikern Sebahat Tuncel 2016 (Symbolfoto) © dpa Verhaftung der HDP-Politikern Sebahat Tuncel 2016 (Symbolfoto)

Verhaftung von Journalisten und Politkern in der Türkei vor den Wahlen

Der Nahostexperte der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Kamal Sido, der sich derzeit im syrischen Raqqa befindet, zeigt sich angesichts der Massenverhaftungen von Kurden verärgert und fordert zum Handeln auf. „Die Bundesregierung ist aufgefordert, auf ihren Nato-Partner Türkei und insbesondere auf Machthaber Recep Tayyip Erdogan einzuwirken“, so Sido. Der Terror gegen die friedliche Opposition und Zivilgesellschaft müsse eingestellt werden: „Es ist ein Skandal, kurz vor den Wahlen Journalisten, Politiker und andere Persönlichkeiten der Opposition aus den Reihen der HDP festzunehmen“. Dadurch versuche Erdogan, die anstehende Türkei-Wahl am 14. Mai zu manipulieren.

Ähnlich sieht es Mehmet Tanriverdi von der kurdischen Gemeinde Deutschland. „Diese willkürlichen Massenverhaftungen, die der türkische Staat jährlich gegen die Menschen in den kurdischen Gebieten durchführt, haben das Ziel, Menschen einzuschüchtern, zu kriminalisieren und die berechtigten Forderungen der Kurdinnen und Kurden zu unterdrücken. Wenige Wochen vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei will man in den kurdischen Gebieten mit solchen Maßnahmen selbstverständlich die Wahlen zugunsten Erdogans beeinflussen“. Auch Tanriverdi fordert von der Bundesregierung klare Kritik an Erdogans Aktionen.

Auch die Menschenrechtsorganisation Medico ist empört. „Unter den Verhafteten befinden sich viele, die in der Erdbeben-Nothilfe aktiv waren. Das ist ein herber Schlag gegen die Opposition und kritische Stimmen. Die Massenverhaftungen sind ein Skandal und kurz vor der Wahl ein deutliches Zeichen von Präsident Erdogan und seiner AKP-Regierung“, sagt Anita Starosta, Referentin für Syrien, Türkei und Irak bei Medico.

Derzeit liegt Erdogan und seine AKP in den aktuelle Umfragen hinter Herausforderer Kemal Kilicdaroglu und der Opoosition. Das Meinungsforschungsinstitut „ORC Arastirma“ sieht Kilicdaroglu mit 49,3 Prozent vor Erdogan mit 42,4 Prozent. Die AKP kommt dabei auf 32,8 Prozent vor der CHP mit 32,8 Prozent. Das Wahlbündnis „cumhur ittifaki“ von Präsident Erdogan käme auf rund 40,3 Prozent der Stimmen und das oppositionelle Wahlbündnis „Sechsertisch“ auf rund 43,7 Prozent. Bei einer Unterstützung der „Grünen Linkspartei“ mit 9,3 Prozent würde Kemal Kilicdaroglu damit zum Präsidenten werden können.

| Anzeige
| Anzeige

Mehr von FR

| Anzeige
image beaconimage beaconimage beacon